echt evangelisch borghorst

Fröhlich, fromm, frech und frei…!

Jubiläum   Die Musik der professionellen Instrumentalisten an Piano, Gitarre und Querflöte, beide Kirchenchöre mit vereinten Stimmen, zahlreiche Bannerabordnungen, die nach dem Einzug mit Ihren Fahnen und Bannern den Chorraum von St. Gertrudis füllten – das sorgte von Anfang an für die besondere Atmosphäre des ökumenischen Festgottesdienstes zum 700. Gründungsjubiläum des Horstmarer Kollegiatstifts.   Sicherlich war es nicht in erster Linie das Gedenken an ein besonders Ereignis vor so langer Zeit, sondern die Frage, die über dem Jubiläum stand: „Was fehlt, wenn Gott fehlt?“, die zahlreiche Interessierte bewegt hat, mitzufeiern. Johannes Büll und Alexander Becker boten schon in der Predigt im Auftaktgottesdienste erste Antwortvorschläge dafür an, was fehlen könnte ohne Gott: Tiefe, Vertrauen, Hoffnung.   Nach dem feierlichen Auszug zog die Festgemeinde von der Gertrudiskirche zum Lernzentrum Arnoldinum, dessen Aula durch das engagierte Zusammenspiel von Kirchenvorstand, evangelischer Gemeindeleitung, Pfarreirat, kfd und vielen weiteren helfenden Händen in ein stilvolles Kongresszentrum verwandelt worden war.   Pfarrdechant Johannes Büll, als „qua Amt letztes Relikt des Kollegiats“, begrüßte die Gäste zum zweiten Teil des Festaktes. Bei Getränken und einem kleinen Snack wurde auf den 700. Geburtstag angestoßen, bevor die theologischen Impulsvorträge den inhaltlichen Teil des Festaktes eröffneten.   Prof. Dr. Jürgen Werbick, katholischer Theologe, entfaltete in Form eines gedanklichen Selbstgesprächs die Konsequenzen, die das Fehlen Gottes für das persönliche und gesellschaftliche Leben hätte. Prof. Dr. Michael Beintker, evangelischer Systematiker, schlug anschließend den Bogen von der Theologie zur Geschichte und zeigte mit anschaulichen Beispielen, warum Horstmar für Münster in etwa das sei, was Castel Gandolfo für den Vatikan bedeutet.   Unterbrochen von kurzweiligen Musikstücken des Instrumental-Duos Cornelia Becken (Querflöte) und Rafael D. Marihart (E-Piano), schloss sich eine Podiumsdiskussion an.   Moderiert von Alexander Becker kamen Persönlichkeiten aus Kirche, Politik und Gesellschaft miteinander über die Leitfrage „Was fehlt, wenn Gott fehlt?“ ins Gespräch:

  • Schwester Dr. Katharina Kluitmann, Delegierte des Synodalen Weges und Franziskanerin mit großer Leitungserfahrung auch über ihren Orden hinaus, formulierte klare Anfragen an die kirchliche Struktur. Ebenso hinterfragte sie deren Sprachfähigkeit in Bezug auf brisante gesellschaftliche und politische Themen. Gleichzeitig riet sie dazu, in der Glaubenspraxis die Beziehung zu Gott zu pflegen.
  • NRW Sozial- und Arbeitsminister Karl-Josef Laumann, bekennender Christ, hat die Rolle der Familie für die Weitergabe des Glaubens und der Gottestradition herausgestellt. Kurzweilig und lebendig berichtete er dazu von eigenen Erfahrungen.
  • Antonius Hamers, Diözesanadministrator des Bistums Münster, betonte, dass Kirche in der Verantwortung stehe, die Hoffnung groß zu machen und zu halten. Er rief dazu auf, Glauben nicht zu einer Privatsache zu machen, sondern auch öffentlich darüber zu sprechen.
  • Pfarrer Dr. Thorsten Jacobi, Schulreferent im evangelischen Kirchenkreis Steinfurt-Coesfeld-Borken, erinnerte an biblische Beispiele für die Abwesenheit und Ferne Gottes und rief zu einem konstruktiven, spirituellen Umgang damit auf. Er warte davor, dass anderes, beispielsweise KI (Künstliche Intelligenz) an seine Stelle treten könne.
  • Pfarrer Jan von Campenhausen, Gemeindepfarrer in Berlin-Neukölln, berichtete vom Alltag in der „Bronx der Hauptstadt“ und ist überzeugt, dass Gottes Nähe in den existenziellen Situationen, zum Beispiel angesichts eines Sarges erfahrbar sei.
  Schließlich einigten sich die Podiumsteilnehmenden auf die Formel, die sie gemeinsam ergänzten: fröhlich, fromm, frech und frei müsse Kirche sein und werden, damit Gottes Gegenwart erfahrbar bleibt und deutlich wird, was tatsächlich fehlt, wenn er fehlt.   Bei Suppe, Getränken und vielen anregenden Gesprächen klang der Abend aus – erfüllt von Dankbarkeit, Nachdenklichkeit und der Freude, gemeinsam gefeiert zu haben, was seit 700 Jahren trägt: den Glauben an den Gott, der nicht fehlt.   Jubiläum 1 Jubiläum 2 Jubiläum 3